Foto: styleranking.de (auf dem Foto: Katrin von styleranking)

Designer for Tomorrow-Kandidatin Alexandra Kiesel: "Tilda Swinton ist der Typ Frau, der meine Sachen tragen soll"

Ein Interview mit: Katrin Völker, styleranking.de, Berlin

Alexandra Kiesel ist eine der Finalist/innen des Nachwuchswettbewerbs Designer for Tomorrow von Peek & Cloppenburg. styleranking begleitet sie seit einigen Wochen bei der Vorbereitung für die Show auf der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin. Beim Interview in ihrem Lieblingscafé Kjosk in Berlin-Kreuzberg verriet die Designerin uns, was sie sich von der Teilnahme verspricht, warum sie in Berlin bleiben möchte und welche Schauspielerin sie gerne mal einkleiden würde.

Alexandra, du hast im Frühjahr 2010 dein Modedesign-Studium abgeschlossen. Wie hat alles angefangen, wie bist du zur Mode gekommen?
Ich habe mich schon sehr früh mit Mode beschäftigt und war davon bereits mit acht Jahren fasziniert, weil meine Mutter zu DDR-Zeiten viel selbst genäht und Gürtel entworfen hat. Sie hat gemeinsam mit anderen Frauen Modenschauen organisiert und mich dorthin mitgenommen. Mit 13 habe ich mit meiner Oma meine erste Hose, eine Flower-Power-Schlaghose, genäht. Später machte ich dann eine Ausbildung zur Schniederin und studierte Modedesign an der Kunsthochschule Weißensee.

Was macht für dich den Reiz von Berlin aus? Was ist für dich der typische Style in der Hauptstadt?
Berlin hat mir zuerst gar nicht gefallen, weil ich die Parks und das Wasser aus Leipzig vermisst habe. Außerdem sind die Leute in Leipzig viel entspannter. In Berlin war alles ein bisschen stressig. Jedoch habe ich mich durch das Grundlagenjahr in Weißensee gut eingelebt und fühlte mich schnell gut afgehoben. Ich habe damals viele andere Studenten kennengelernt, die dann in die Richtungen Bildhauerei und Malerei gegangen sind. Mittlerweile habe ich mich an Berlin gewöhnt und brauche den Druck der Metropole sogar. Hier hat man 10.000 Ecken, von der jede etwas anderes bietet. Es ist immer etwas los, selbst abends innerhalb der Woche. Genau wie es verschiedene Orte gibt, gibt es auch verschiedene Typen von Menschen, in Kreuzberg zum Beispiel ist der Style viel wilder und bunter als in den restlichen Stadtteilen. Sehr schick, jedoch eher monoton ist es in Mitte. Prenzlauer Berg hat zwar das Image eines Mutti-Bezirks, ist aber meiner Meinung nach sehr gemütlich.

In zwei Wochen präsentierst du auf der Fashion Week deine Mode im Rahmen des Wettbewerbs Designer for Tomorrow. Was versprichst du dir davon?
Ich gehe das Ganze sehr entspannt an, weil ich gut vorbereitet bin und die meisten Sachen fertiggestellt habe. Nur zwei Taschen sollen noch hinzukommen. Mein Leben geht weiter, auch wenn ich den Rummel rundherum mitbekomme. Die Financial Times zum Beispiel hat vor ein paar Tagen ein Interview mit mir geführt und viele Blogs haben über Designer for Tomorrow berichtet. Nach der Designer for Tomorrow-Show wird sich die Presse ausschließlich um den Gewinner und um Marc Jacobs reißen, das war bereits die letzten Male so. Ich habe nicht besonders große Illusionen, dass ich, falls ich gewinnen sollte, danach von alleine durchstarten kann. Wenn man nicht gut vorbereitet wäre, um danach weiterzumachen, könnte man auch vergessen werden.

Kannst du dir vorstellen, dein eigenes Label aufzubauen oder möchtest du lieber für einen anderen Designer arbeiten?
Ich würde meine eigene Linie gerne voranbringen. Von meinem Baukastenprinzip, bei dem jedes Teil mit jedem anderen kombiniert werden kann, gab es nun die Grundversion. Jede der folgenden Saisons soll etwas neues dazu kommen, etwa Oberteile mit anderen Ärmelformen oder längere Röcke. Ich möchte mit meiner Kollektion einen eigenen Online-Store aufbauen.

Gibt es einen Designer, für den du gerne mal arbeiten würdest?
Insgesamt gesehen möchte ich lieber auf mich gestellt arbeiten. Auch ist es schwierig, bei großen Designern unterzukommen, da die meisten erstmal nur Praktikanten einstellen. Ich könnte mir aber gut vorstellen, für den dänischen Designer und Künstler Henrik Vibskov zu arbeiten. Er designt nach einem tollen Konzept, weshalb ich mich bei ihm bewerben würde. Raf Simons Kollektion für Jil Sander finde ich ebenfalls gut.

Was ist dir bei Kleidung besonders wichtig – der Sitz, der Style oder die Bequemlichkeit?
Für mich persönlich ist es bequeme Kleidung, die nicht einengt, in der ich mich wohlfühle. Bei der Kollektion setze ich auf Bequemlichkeit und verfolge eine starke Linie ohne Details oder Rüschen, da ich weniger verspielt bin. Wichtig ist mir die klare Formensprache und dass man zwischen unterschiedlichen, natürlichen Stoffen wie Seide und Baumwolle wählen kann.

Woher nimmst du deine Ideen, wo lässt du dich inspirieren?
Meist durch meine Freunde, von denen ich viele aus der Uni kenne und die häufig als Streetart-Künstler arbeiten. Die nächste Kollektion soll sogar in Zusammenarbeit mit diesen Freunden entstehen. Ansonsten bin ich viel im Internet unterwegs und lasse mich von politischen Umwälzungen und aktiven Menschen inspirieren. Dabei denke ich viel darüber nach, was Menschen eigentlich wollen. Auf den Do-it-yourself-Trend abgestimmt sind auch die verschiedenen Module meiner Kollektion, die man sich frei zusammenstellen kann.

Wie würdest du die Frauen beschreiben, die deine Kollektion tragen? Gehörst du selbst auch dazu?
Jeder Typ von Frau kann meine Mode tragen, da man sie je nach Geschmack zusammenstellen kann. Deshalb kann man einen schicken Blazer oder einen bunten ausgefallenen Rock wählen oder beispielsweise ein gelbes Seidenshirt zur Jeans tragen. Ich glaube, dass alle Lust darauf haben, ihre Kleidung frei nach Gusto zu kombinieren. Ich gehöre allerdings dazu und trage meine Sachen selbst. Jedes Mal, wenn ich etwas verkaufe, bin ich traurig, dass ich es weggeben muss.

Was möchtest du in Zukunft erreichen? Gibt es eine Location, an der du gerne vorführen würdest?
Ich denke, Berlin wird von Jahr zu Jahr immer größer. Am Anfang hat es schon vor sich hingeköchelt, mittlerweile wir es aber immer mehr wahrgenommen und selbst große Firmen kommen auf die Fashion Week. International hat Berlin schon einen Namen, auch kommt es in anderen Ländern gut an, wenn man als Designer sagt, man komme aus Berlin. Aber Namen im Zelt wie Michael Sonntag sind zwar renommiert, jeoch muss noch einiges passieren, damit sich die Berliner Fashion Week rentiert. Ich fände es schön, die nächsten Jahre dabei zu bleiben und Berlin mit der Fashion Week weiter wachsen zu lassen. Nach New York will ich gar nicht, Paris ist zu feminin. Tokio wäre schon eher etwas, wohin meine Kollektion auch sehr gut passen würde.

Welche Schauspielerin bewunderst du und würdest du gerne mal einkleiden?
Tilda Swinton. Ich habe sie in Istanbul vor der Blauen Moschee gesehen. Sie war ganz leger gekleidet, mit Badelatschen, Jeanshose und weißes T-Shirt und hat sich ein Tuch umgewickelt, das man tragen muss, wenn man sich die Moschee ansehen möchte. Tilda ist der Prototyp der Frau, die meine Sachen tragen soll.
styleranking dankt Alexandra für das nette Interview und wünscht ihr viel Erfolg bei den Vorbereitungen zur Show auf der Fashion Week Berlin!

Quelle: styleranking – your fashion community
Gepostet am 26.06.2011 von Katrin Völker, Berlin

"Tilda Swinton ist der Typ Frau, der meine Sachen tragen soll"